Invasive Schmerztherapie - Mit der Pumpe gegen den Schmerz

"Schmerztherapie ist immer noch ein Stiefmütterchen der Medizin. Es mangelt weiterhin an Schmerztherapeuten. Nur jeder zehnte chronische Schmerzpatient in Deutschland wird von einem ausgebildeten Schmerztherapeuten behandelt", beschreibt Schmerzmediziner Bernd Harrer die Situation.

Bernd Harrer ist Oberarzt des Regionalen Schmerzzentrums am Westallgäu-Klinikum. Seit über 20 Jahren werden dort Patienten mit chronischen Schmerzen behandelt. Er und das Ärzteteam unter der Leitung von Prof. Dr. med. Andreas Straub setzen auch sehr spezielle Methoden ein. Wenn Medikamente nicht helfen oder eine OP nicht den gewünschten Erfolg verspricht, kann eine invasive Therapie - bei einer ausgesuchten Patientengruppe - Schmerzen effektiv lindern, die Lebensqualität deutlich erhöhen und die Nebenwirkungen von Medikamenten drastisch reduzieren.

Eines dieser Verfahren ist die intrathekale Medikamentenapplikation, umgangssprachlich als "Schmerzpumpe" bekannt. Bei dieser Methode wird ein Katheter in den Flüssigkeitsraum um das Rückenmark eingebracht und mit einer implantierbaren Medikamentenpumpe verbunden. "Die Medikamente wirken also direkt an einer zentralen Schaltstelle der Schmerzübertragung. Dadurch kann die Dosis herabgesetzt und die Nebenwirkungen häufig deutlich reduziert werden", erklärt Oberarzt Bernd Harrer.

Entwickelt wurde dieses Verfahren für Patienten mit starken Krebsschmerzen. Aber auch anderen Patienten kann es Linderung bieten. "Zum Beispiel bei bestimmten Patienten, bei denen sämtliche konventionellen Methoden versagen oder auf Grund von intolerablen Nebenwirkungen nicht fortgeführt werden können", weiß Oberarzt Bernd Harrer.

Ein weiteres Spezialgebiet ist die Rückenmarksstimulation. Bei dieser spinal cord stimulation, kurz SCS, werden Elektroden minimal-invasiv über ein betroffenes Rückenmarksegment implantiert. Die elektrische Stimulation erfolgt, wie bei einem Herzschrittmacher, über ein unter der Bauchhaut implantiertes Aggregat. Der Patient kann selbst die Intensität regulieren. Durch die Stimulation wird ein angenehmes Kribbeln im Schmerzgebiet erzeugt und die körpereigene Schmerzabwehr gesteigert.

Sie bietet eine Behandlungsoption bei neuropathischen Schmerzen, die häufig auf eine rein medikamentöse Therapie nicht ausreichend ansprechen. "Eingesetzt wird es bei uns beispielsweise beim CRPS, dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom. Die SCS-Methode kann bei einer Vielzahl von Beschwerden erfolgreich sein. Dazu gehören unter anderem Nervenschmerzen nach nicht erfolgreichen Wirbelsäulenoperationen oder auch Durchblutungsstörungen der Beine. SCS kann die Blutversorgung verbessern, dadurch Schmerzen reduzieren, Geschwüre besser abheilen lassen und somit den Verlust der Extremität häufig verhindern", erklärt der Schmerzexperte Bernd Harrer.