Von einer erweiterten Schlagader droht Gefahr

Ein Aneurysma, die Erweiterung einer Schlagader, ist ein Befund, der äußerst ernst zu nehmen ist. Die Schmerzen sind nicht zuzuordnen. Auffällig kann gelegentlich der Pulsschlag sein. Sehr häufig verspüren Menschen, bei denen Bauchaorta oder Beckengefäße erweitert sind, keine Beschwerden, die darauf hindeuten würden. Die Erkrankung stellt sich oft nur zufällig bei einer Ultraschalluntersuchung heraus. Die Behandlung ist ein Feld, auf dem das Krankenhaus St. Elisabeth Ravensburg mit seinem Gefäßzentrum hoch spezialisiert ist.

Aussackung der Aorta (links) und Aorta nach der Versorgung mit einem Stent (rechts).

Dr. Dominik Jost, Chefarzt der Klinik für Gefäß-, Endovascular- und Thoraxchirurgie

Betroffen von einem Aneurysma ist zwar nur eine Minderheit. Aber es sind immerhin zwischen vier und acht Prozent der Männer über 65 Jahre sowie bis zu 1,5 Prozent der gleichaltrigen Frauen. Um sie kümmern sich nicht nur die Gefäßspezialisten im Krankenhaus. Auch fast jeder Hausarzt betreut Patienten mit Erweiterungen der Schlagadern. In 60 Prozent der Fälle handelt es sich um die Bauchschlagader.

"Ist ein Aneurysma festgestellt worden und ist dieses kleiner als fünf Zentimeter, muss die Erweiterung zunächst regelmäßig kontrolliert werden", rät Dr. Dominik Jost, Chefarzt der Gefäß-, Endovascular- und Thoraxchirurgie am EK. Ein eventuell notwendiger Eingriff lässt sich so frühzeitig planen. "Das kann lebensrettend sein", betont Dr. Jost. Denn, reißt eine Erweiterung und fließt aus der Öffnung Blut in den Bauchraum, besteht akute Lebensgefahr.

Es kommt selten vor, aber die Folgen sind dramatisch. Der Patient verspürt schwerste Schmerzen im Bauch oder Becken. Ist die Brustschlagader betroffen auch im Rücken oder zwischen den Schulterblättern. Viele der Betroffenen versterben noch bevor sie ins Krankenhaus gelangen. Auch in der Klinik liegt bei einem solchen rupturierten Aneurysma die Sterblichkeitsquote selbst bei heutigen Möglichkeiten mit 20 bis 40 Prozent noch sehr hoch.

"Die Prognose hängt sehr von der Lokalisation des Einrisses ab. Wir sind froh, dass wir den Patienten im letzten Jahr allen helfen konnten und keiner in der akuten Behandlung verstorben ist", so der Chefarzt. Auch für den Fall, dass die herznahe Aorta betroffen ist, ist das EK Ravensburg ausgezeichnet mit anderen großen Kliniken wie zum Beispiel Ulm, Augsburg, Stuttgart und Nürnberg vernetzt, so dass im Notfall binnen weniger Minuten quasi online geklärt wird, wo der Patient am besten versorgt werden kann.

Ist eine Erweiterung der Gefäße festgestellt, bedeutet das nicht automatisch einen Klinikaufenthalt. Vielfach hilft eine Medikamententherapie. Vor allem muss der Blutdruck kontrolliert sein und Zigaretten sind absolut tabu. Nikotin ist ein Risikofaktor für Bildung eines Aneurysmas.

"Eine Erweiterung der Bauchaorta sollte im Krankenhaus versorgt werden, wenn sie bei Männern einen Querdurchmesser von etwa fünf Zentimeter erreicht hat", erläutert der Chefarzt der Gefäß-, Endovascular- und Thoraxchirurgie in Ravensburg. Gleiches gilt, wenn sich die Erweiterung um mehr als einen Zentimeter pro Jahr vergrößert. Grundsätzlich stehen zwei Verfahren zur Verfügung: das offen-chirurgische und in die Gefäße eingebrachte Stents. Welches Verfahren gewählt wird, hängt vom Einzelfall ab. Bei den meisten Patienten ist ein Stentversorgung als weniger belastender Eingriff möglich, jedoch besteht manchmal die Notwendigkeit einer offenen Operation. "Durch die Anwendung von sogenannnten gefensterten Prothesen wird dies in Zukunft noch seltener der Fall sein müssen", so Dr. Jost.

Das EK Ravensburg ist für Gefäßpatienten hervorragend aufgestellt, denn die Klinik für Gefäß-, Endovascular- und Thoraxchirurgie steht nicht allein. Innerhalb des Gefäßzentrums arbeiten Dr. Jost und sein Team eng der Klinik für Kardiologie von Chefarzt Prof. Dr. Florian Seeger sowie mit der Klinik für Radiologie von Prof. Dr. Martin Heuschmid zusammen. Die Radiologen am EK sind nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch tätig. Mit ihren interventionellen Verfahren können sie in vielen Fällen eine gute Alternative zu einer Operation bieten.

Ein großer Vorteil ist die Zusammenarbeit der drei Kliniken beim Einsatz maßgeschneiderter, gefensterter Prothesen. Diese Eingriffe sind komplex und erfordern ein hohes Maß an Spezialisierung. Im EK sind im letzten Jahr mehrere erfolgreiche Implantationen dieser Hightech-Produkte auf diese Weise durchgeführt worden. Die Abgänge von wichtigen Schlagadern wie der inneren Beckenschlagader werden dabei durch ein zweites Fenster des Stents mit einem zusätzlichen Stent versorgt. Erweiterungen werden zunehmend mit modernsten Kathetermethoden behandelt. Der Einsatz dieser Spezialprothesen erweitert das Spektrum am EK zur erfolgreichen Therapie.

"Dadurch erweitern wir das Therapiespektrum, um eine offene Operation zu vermeiden. Die erneute Zertifizierung als Gefäßzentrum empfinden wir als eine weitere Auszeichnung unserer Qualität und bestätigt die gute Entwicklung aller Disziplinen, die sich um Gefäße kümmern. Ein Eingriff hilft zwar dem Patienten, doch einfach vergessen darf er seine Erkrankung danach nicht", betont Dr. Jost. Die Lebensweise sollte sich so verändern, dass die Risikofaktoren Bluthochdruck und Nikotin möglichst ausgeschaltet sind. Vor der Entlassung aus der Klinik findet eine CT-Untersuchung statt, die nach einem halben Jahr wiederholt wird. Danach lässt sich das Aneurysma in der Regel mittels Ultraschall kontrollieren.