Versorgung für Krebspatienten im Westallgäu

Bundesweit gibt es sehr wenige solcher Kooperationen. Was in Wangen seit mehreren Monaten bestens klappt, ist alles andere als selbstverständlich. Das Krankenhaus der Oberschwabenklinik und die niedergelassene Onkologische Praxis arbeiten mit einer neuen Kooperationsvereinbarung aufs Engste zusammen. Jährlich über 100 Krebspatienten aus dem Westallgäu profitieren davon. Dass es fachlich wie menschlich zwischen den Ärzten passt, war nicht die einzige Voraussetzung. Genauso wichtig war ein langer Atem. „Drei Jahre lang haben wir daran gearbeitet, bis unser Vertragswerk stand“, blickt Dr. Jan-Ove Faust, Direktor Medizin und Pflege der OSK, zurück.

Dass es so lange dauerte, lag nicht etwa am mangelnden Willen zur Kooperation. Vielmehr galt es, eine Unmenge bürokratischer Hürden zu überwinden. "Ambulant und stationär sind zwei Sektoren. Das ist in ganz Deutschland ein Problem", erläutert Prof. Dr. Thomas Decker von der Onkologischen Praxis, die sowohl am EK Ravensburg als auch im Krankenhaus Wangen Standorte betreibt. Auch in Wangen mussten sich die Ärzte lange mit der strikten Trennung zwischen stationärem Bereich im Krankenhaus und ambulantem Bereich bei den niedergelassenen Medizinern abfinden. Mit allen Nachteilen für die Patienten.

Prof. Decker nennt ein Beispiel. Eine 20-jährige kam unlängst über die Notaufnahme ins Krankenhaus. Befund: die Lymphknoten sind von Tumoren befallen. Innerhalb einer Woche ist die gesamte Diagnostik erledigt. Die Behandlung kann starten. Und zwar in Wangen im Klinikum Westallgäu. "Noch vor kurzer Zeit hätten wir für die Untersuchungen 12 bis 14 Tage ansetzen müssen", erläutert Prof. Decker. Womöglich mit dem Ergebnis, dass man die junge Frau zur medizinischen Betreuung in eine weiter entfernte Klinik geschickt hätte. Sie hätte neben ihrer schweren Erkrankung auch noch mit zusätzlichen Belastungen fertig werden müssen.

"Dabei hat Wangen alles was wir brauchen. Patienten sind hier tiptop zu behandeln", sagt Prof. Decker. Das Krankenhaus war auch vor einem halben Jahr nicht schlechter ausgestattet. Doch war damals die Struktur noch nicht etabliert, um die Stärken des Hauses zur Geltung zu bringen. "Für uns als Klinik ist die intensivierte Kooperation ein absoluter Gewinn", sagt Dr. Jörg Maurus, der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin. Doppelte Untersuchungen oder unnötig verspätete Informationen gehören der Vergangenheit an.

Decker und seine Kollegen aus der niedergelassenen Praxis sind mit Teildeputaten bei der OSK angestellt. Die Ärzte haben nicht mehr nur bei der unverändert stattfindenden wöchentlichen Tumorkonferenz oder bei fallweisen telefonischen Absprachen Kontakt. Gemeinsam mit den Krankenhausärzten stehen nun Prof. Dr. Decker oder seine Kollegen Prof. Dr. Tobias Dechow und Dr. Christoph Nonnenbroich bei der Visite im Krankenzimmer. "Wir sehen uns täglich und sind gemeinsam direkt am Patienten", sagt Dr. Maurus. "Das Krankenhaus Wangen ist jetzt noch breiter aufgestellt, die Versorgung hat sich qualitativ deutlich verbessert", freut sich der Chefarzt.

Das Vertrauen der Patienten ist bereits gewonnen. Ständig liegen mittlerweile zwischen fünf und zehn Krebspatienten auf der Station 1 B, auf der auch eine speziell für onkologische Pflege ausgebildete Pflegefachkraft arbeitet. Daneben gibt es eine spezialisierte "Bauchstation", Für die Zusammenarbeit bei der Versorgung der Krebspatienten ist dies ideal, stellt Dr. Wolfgang Schmid, Oberarzt der Klinik für Chirurgie, fest. Die Chirurgen mit ihren Darmkrebsoperationen und die Gynäkologen mit dem Brustzentrum spielen bei der Versorgung von Krebspatienten im Westallgäu ebenfalls eine wichtige Rolle.

Mit der erweiterten onkologischen Versorgung in Wangen sieht Dr. Faust ein Versprechen eingelöst. Bei den Krankenhausschließungen in Leutkirch und Isny habe man den Menschen versprochen, Wangen als Klinik für das gesamte Westallgäu zu stärken. "Mit der Krebsversorgung wird der Name Klinikum Westallgäu zum Programm", betont Dr. Faust. "Wir bieten ein hohes medizinisches Niveau, wie es im ländlichen Raum nicht selbstverständlich ist", sagt er.

Eine nochmals höhere Versorgungsstufe finden Patienten mit Disziplinen wie Urologie oder Neurochirurgie sowie einer hochmodernen Strahlentherapie am Krankenhaus St. Elisabeth Ravensburg. "Wir haben versprochen, ein abgestuftes Versorgungskonzept für die gesamte Region zu schaffen. Die Versorgung von Krebspatienten in Ravensburg und in Wangen ist ein gutes Beispiel dafür, wie es funktioniert", so der OSK-Direktor.