Pflege lernen in der Sprache Goethes

Für einen jungen Tunesier erfüllte sich der Traum von der Pflegeausbildung im Allgäu

Am 1. Oktober begann für Wissem Guesmi nicht nur beruflich ein neuer Lebensabschnitt. Der junge Mann zog von Tunesien nach Wangen im Allgäu, um bei der Oberschwabenklinik eine Ausbildung zum Pflegefachmann zu beginnen. „Ich freue mich, endlich wieder in meiner zweiten Heimat zu sein“, erzählt er.

 

Vor einigen Jahren hat er bereits in Deutschland gelebt und Deutsch bis hin zum anspruchsvollen C1-Niveau gelernt, das nahe an das Niveau eines Muttersprachlers herankommt. So erlangte er schließlich eine Zusage der Freien Universität Berlin, wo er ein Semester lang studierte, bis er aus finanziellen Gründen wieder in die Heimat zurückkehren musste. Die hohen Lebenshaltungskosten waren für ihn trotz Nebenjobs nicht tragbar. Doch auch in Tunesien blieb er der „Sprache Goethes“, wie er sie nennt, verbunden. Er wurde Kursleiter für Deutschunterricht und gründete später seine eigene Online-Sprachschule.

 

Neben dem Deutschunterricht machte Guesmi in der Hauptstadt Tunis ein Praktikum in der Krankenpflegehilfe. „Menschen zu helfen war für mich schon immer eine Herzensangelegenheit“, erklärt er. Die Arbeit im Krankenhaus gefiel ihm so gut, dass er sich dachte: „Wieso lerne ich den Beruf nicht von den Besten in Deutschland?“

 

Kurzerhand entschloss er sich dazu, in Deutschland nach einem Ausbildungsplatz in der Pflege zu suchen und stieß auf Facebook auf eine Annonce der Oberschwabenklinik: „Melde dich per Videoclip“ hieß es dort. Per Videokonferenz fand dann auch sein Vorstellungsgespräch statt, in dem der junge Mann mit Sympathie und Lebenserfahrung überzeugte. Bei der Beantragung des Visums wurde er von der Oberschwabenklinik unterstützt. Auch ein Appartement im OSK-Wohnheim direkt neben dem Westallgäu-Klinikum wurde für ihn reserviert.

 

Sein erster Tag in der Schule sei ausgezeichnet gelaufen, erklärt der 32-Jährige. Da er bereits Anfang September angereist war, hatte er vor dem Ausbildungsbeginn genügend Zeit, um mit Nachbarn aus dem Wohnheim und Freunden aus dem Jugendhaus Wangen Freizeitunternehmungen zu machen. „Ich glaube, das Sprichwort „in Wangen bleibt man hangen“ wurde für mich geschrieben“, scherzt Guesmi. Einen besseren Ort zum Lernen und Leben kann er sich mittlerweile nicht mehr vorstellen.