Neuer Chefarzt der Neuroradiologie am EK

Dr. Alfons Bernhard wird neuer Chefarzt der Klinik für Neuroradiologie am Krankenhaus St. Elisabeth Ravensburg. Der Aufsichtsrat der Oberschwabenklinik hat den 56-Jährigen bisherigen Leitenden Oberarzt zum Nachfolger von Dr. Nico Prey gewählt, der altershalber Ende Januar 2017 die Chefarztposition abgibt. „Die Möglichkeit zur Stabübergabe innerhalb des Teams ist in einer solch hoch spezialisierten Einrichtung ein Glücksfall“, sagt Dr. Jan-Ove Faust, Direktor Medizin und Behandlung der OSK.

Die Neuroradiologie ist ein noch junges, spezialisiertes und rasch sich entwickelndes Fachgebiet. Sie befasst sich mit Erkrankungen des Gehirnes, der Wirbelsäule und des Spinalkanals einschließlich der Bandscheiben. Über die Diagnostik hinaus sind die Neuroradiologen auch therapeutisch zum Beispiel im Rahmen der Akutbehandlung von Schlaganfällen oder bei Hirnblutungen gefragt. Mit der interventionellen Neuroradiologie verfügt das EK über ein Spezialgebiet, das im weiten Umkreis kein anderes Krankenhaus bietet.

Das EK war eines der ersten Krankenhäuser außerhalb der Unikliniken, an denen dieses Fach etabliert worden ist. Für das heutige überregionale Schlaganfallzentrum am EK ist die Neuroradiologie unverzichtbar. Daneben sind insbesondere die Neurochirurgie sowie die Gefäß- und

Thoraxchirurgie mit Gefäßzentrum auf die Mitarbeit der Neuroradiologen angewiesen. Die Behandlung von Patienten mit Hirnblutungen, aufgrund von Gefäßmissbildungen, wäre ohne die Neuroradiologie nicht möglich.

Seit 1992 hat Dr. Nico Prey die Neuroradiologie am EK geleitet und auf ihren heutigen Stand gebracht. Er hatte die Aufgabe vor 25 Jahren von Prof. Dr.Stoeter übernommen, bei dem er zuvor seit 1986 als Oberarzt tätig war. Das Fach war zunächst eine Sektion der Radiologie. 2013 wurde die Neuroradiologie zu einer eigenen Klinik mit Dr. Prey als Chefarzt aufgewertet.

Sein Nachfolger Dr. Alfons Bernhard ist fast genauso lange dabei wie er. Der gebürtige Ettenkircher (Gemeinde Friedrichshafen), der in seiner Freizeit im örtlichen Musikverein Klarinette spielt, kam nach dem Studium in Ulm 1988 als Assistenzarzt für Radiologie ans EK. Von 1992 bis 1994 durchlief er bei Dr. Prey die neuroradiologische Weiterbildung. Danach arbeitete er ein Jahr als Assistenzarzt in der Neurologie beim damaligen Chefarzt Prof. Dr.med. von Büdingen.

Nach der abgeschlossenen Facharztausbildung für diagnostische Radiologie mit Schwerpunkt Neuroradiologie wurde Dr. Bernhard 1996 zum Oberarzt und stellvertretenden Leiter der Neuroradiologie ernannt. 20 Jahre lang hat er gemeinsam mit Dr. Prey das Fach am EK vertreten. "Unsere gemeinsame Arbeit ist eine Erfolgsgeschichte", blickt Dr. Bernhard zurück.

Er ist davon überzeugt, dass die Bedeutung der Neuroradiologie noch weiter wächst: "Mit einer älter werdenden Bevölkerung werden zerebrovaskuläre Erkrankungen, und damit leider auch Schlaganfälle, weiter zunehmen." Die technische Entwicklung der Katheter und Materialien, mit denen die Neuroradiologen in die Hirngefäße eingreifen, sei noch längst nicht zu Ende. Eine Ausweitung der Indikationen sei zu erwarten.

Mit Nadine Strümpel arbeitet am EK bereits heute eine weitere Neuroradiologin mit interventioneller Erfahrung. Dr. Bernhard wird in den kommenden Jahren einen weiteren Kollegen in den interventionellen Techniken ausbilden. Die Neuroradiologen müssen rund um die Uhr rufbereit sein, was bei der gewachsenen Zahl an Fällen zu zweit zu einer sehr hohen Belastung führt. Für eine Übergangszeit wird deshalb Dr. Prey, auch nach seiner Pensionierung, noch seinem alten Team für Urlaubsvertretungen zur Verfügung stehen.

Die Klinik für Neuroradiologie: Hoch spezialisierte Diagnostik und Therapie

Vor 20 Jahren betrug die Zahl an neuroradiologischen CT-Untersuchungen etwa 2000 pro Jahr.

Heute sind es fast 11 000. Allein daran lässt sich die gewachsene Bedeutung des Faches ablesen. "Damals dauerte eine Computertomographie des Kopfes 15 Minuten, heute eine bis zwei", blickt Dr. Alfons Bernhard zurück. "Natürlich sprechen wir über technische Medizin", räumt er ein. Aber eine Technik, die dazu beiträgt Krankheiten zu erkennen und dadurch richtig und effektiv zu behandeln, zum Nutzen des Patienten.

Dr. Bernhard hat gemeinsam mit seinem langjährigen Chef Dr. Nico Prey miterlebt, wie sich die Möglichkeiten der Ärzte über zwei Jahrzehnte hinweg rasant entwickelt haben. Die Neuroradiologie arbeitet interdisziplinär eng mit den Abteilungen Neurologie mit überregionaler Stroke Unit, Neurochirurgie und Gefäßchirurgie zusammen. Zum einen ist die Neuroradiologie diagnostische Schnittstelle, zum anderen führt sie hochspezialisierte Therapien durch mittels Kathetertechnik in Hirngefäßen. Tausende Patienten profitieren im EK jedes Jahr von der Expertise der kleinen Ärztegruppe.

Ca. 3300 kernspintomographische Untersuchungen werden von der Abteilung Neuroradiologie jährlich durchgeführt. Hinzu kommen ca. 400 Myelografien und 150 diagnostische Hirngefäß-Angiografien. Dass die Neuroradiologen für 60 Notfallpatienten an einem Wochenende die bildgebende Diagnostik durchführen ist keine Seltenheit. Vieles lässt sich dank teleradiologischer Möglichkeiten heutzutage von zu Hause aus erledigen. Doch im Durchschnitt zwei Mal in der Woche eilen die Neuroradiologen aus der Rufbereitschaft in die Klinik, um akut einen Schlaganfallpatienten zu behandeln.

Etwa 200 interventionelle Eingriffe werden pro Jahr durchgeführt. "Es sind Eingriffe, die zum Teil sehr lange dauern", erläutert Dr. Bernhard. Schlagzeilen machte in jüngster Zeit die Thrombektomie. In den Medien wurde die Möglichkeit, nach einem Schlaganfall ein Blutgerinnsel mittels Mikrokatheter und Stent aus einem Hirngefäß zu entfernen, als "Revolution" gefeiert. In vielen Fällen erhält es den Betroffenen Lebensqualität.

In diesem Jahr werden etwa 100 Patienten mittels Thrombektomie behandelt, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 50%.

Therapiert werden auch Patienten mit einer verengten Halsschlagader. Ihnen können die Neuroradiologen einen Stent einsetzen, als Alternative zur Operation. Bei einer Aussackung eines Blutgefäßes im Gehirn, dem Hirnarterienaneurysma, können die Ärzte mittels Kathetertechnik, dem sogenannten Coiling behandeln. Platinspiralen (Coils) werden in das Aneurysma eingebracht, dies bietet einen zuverlässigen Schutz vor weiteren Blutungen.

Die Klinik für Neuroradiologie arbeitet eng und reibungslos mit der Klinik für Radiologie, unter Leitung von Prof.Dr.med. Heuschmid, zusammen. Die MTRAs arbeiten für beide Abteilungen, ebenso wird die apparative moderne Ausstattung gemeinsam genutzt.

Mit 3 Fachärzten und de facto einer halben Stelle eines Rotationsassistenten ist die Neuroradiologie eine der kleinen Kliniken am EK. Sie erfüllt aber wichtige Aufgaben im interdisziplinären Verbund und ist in ihrer "schlanken" Struktur höchst effizient.