Intensivstation am EK führt auf Wunsch der Pflege freiwilliges 12-Stunden-Schicht-Modell ein

Im Bild von links nach rechts: Yasemin Kahraman, Stefanie Soares Sequeira, Stationsleitung Frank Sauter und Jan Siering.
Die Pflegefachkräfte der Intensivstation am St. Elisabethen-Klinikum Ravensburg haben künftig auf eigenen Wunsch und auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, durchschnittlich einmal in der Woche auch eine 12-Stunden-Schicht zu absolvieren. Bei vier 12-Stunden-Schichten im Monat würde das als Ausgleich für die Mehrarbeit mindestens zwei freie Tage zusätzlich bedeuten.
„Einige junge Pflegekräfte sind auf mich zugekommen, um uns diese Möglichkeit vorzuschlagen, sie wollten, dass wir das unbedingt ausprobieren. Wir sind für flexible Arbeitszeitmodelle jederzeit offen, wenn sie in der Praxis umsetzbar sind“ sagt Stationsleiter Frank Sauter, der insgesamt 95 Pflegekräfte auf den Stationen C11 und C22 unter sich hat. „Wir haben daraufhin unser ganzes Team befragt, eine Projektgruppe gebildet und schließlich ein Arbeitszeitmodell ausgetüftelt, das wir sechs Monate lang ausprobiert haben. Weil es sich im Alltag bestens bewährt hat, haben wir es nun regelhaft eingeführt - mit großem Erfolg und großer Resonanz. Etwa die Hälfte des Personals hat sich dafür entschieden, auch lange Dienste zu leisten.“
Priorität beim Umsetzen des Modells hatte die Qualitätssicherung. „Wir haben genau untersucht, ob die Arbeitsleistung, etwa die Dokumentation nachlässt, wenn sich die Arbeitszeit über zwölf Stunden erstreckt. Das war nicht der Fall, im Gegenteil: Zum Teil nahm die Qualität noch zu“, sagt Sauter. Das liege auch daran, dass bei zwei Zwölf-Stunden-Schichten im Schnitt eine Übergabe am Tag wegfällt und damit Zeit für die Pflege am Bett gewonnen wird. „Einige Mitarbeiter haben berichtet, dass sie nun die Gelegenheit hätten, Patienten für längere Zeit am Tag zu begleiten, um ein besseres Gefühl für sie zu entwickeln, also besser zu sehen, was sie eigentlich brauchen“, sagt Sauter.
Das Modell ist äußerst flexibel. Jede Pflegekraft kann frei entscheiden, ob sie einzelne oder mehrere lange Schichten im Monat absolvieren möchte – oder auch gar keine und regulär wie bisher im Schichtmodell mitarbeitet. Die Zwölf-Stunden-Schichten dauern von 6 bis 18.30 Uhr im Tagdienst respektive von 18 bis 6.30 Uhr im Nachtdienst, 45 Minuten davon sind für die Pause vorgesehen, die meist in zwei Abschnitte aufgeteilt wird.
„Unsere Planerinnen versuchen, im Dienstplan maximale Rücksicht auf die Interessen aller Mitarbeitenden zu nehmen, der Dienstplan soll immer auch ein Wunschplan sein. Aber nicht alles ist umsetzbar. Wir arbeiten in Sechserteams rund um die Uhr sieben Tage pro Woche, da müssen die Mitarbeiter natürlich Rücksicht aufeinander nehmen. In einem Team kann nur eine Zwölf-Stunden-Schicht pro Tag stattfinden, sonst wäre das neue Modell nicht organisierbar“, sagt Sauter. Vor allem deshalb nicht, falls Pflegekräfte mit langen Schichten plötzlich ausfallen würden. „Wir haben zwar ein gutes Vertretungsmodell und kommen mit wenig Einspringdiensten aus. Aber man muss bedenken: Falls eine Zwölf-Stunden-Schicht wegbricht, braucht man gleich zwei Ersatzkräfte. Deshalb ist ein noch stärkerer Einsatz dieses Zeitmodells nicht möglich“, sagt Sauter.
Die Pflegekräfte sind mit der neuen Regelung sehr zufrieden. „Wenn man mehr Zeit hat, kann man sich Patienten intensiver, besser und kontinuierlich widmen, eine Beziehung zu ihnen aufbauen, besser zu ihnen durchdringen. Vor allem den Patienten, die Orientierung brauchen und am besten nur einen Ansprechpartner haben möchten, gibt das auch Sicherheit“, sagen Stefanie Soares Sequeira, Yasemin Kahraman und Jan Siering, drei junge Pflegefachkräfte auf der C11, unisono. „Die Übergaben auf der Station sind effizienter, es gehen weniger Informationen unter. Und natürlich haben wir durch längere Schichten als Ausgleich auch mehr Freizeit, das bedeutet: Wir können auch mal mehrere Tage am Stück freimachen. Man kann sich dadurch besser erholten, entspannen, den Akku wieder aufladen. Meist ist der Tag nach der Arbeit ohnehin schon gelaufen, ob man dann gleich länger arbeitet, schenkt sich nicht viel. Wenn man als Ausgleich dafür freie Tage hat, ist das viel mehr wert.“
Frank Sauter bestätigt das: „Das Modell bringt für viele Mitarbeiter einen Gewinn an Lebensqualität und damit auch einen Gewinn an Arbeitsmotivation. Und wenn man seinem Team so entgegenkommen kann, dann macht man das auch.“ Es habe auch Pflegekräfte gegeben, die einmal die lange Schicht ausprobierten und feststellten, dass sie am Ende müde und unkonzentriert wurden. „Die haben sich dann für das bisherige Modell entschieden. Wie gesagt: Alles ist freiwillig.“
Swen Wendt, Pflegedirektor der Oberschwabenklinik, unterstützt die Neuerung: „Wir probieren gerne alternative Arbeitszeitmodelle aus und glauben dabei auch an die individuellen Konzepte – maßgeschneidert auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter.“