Die Schaufensterkrankheit wird unterschätzt - Verschlüsse der Arterien sind gefährlich

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit, auch Schaufensterkrankheit oder Arterienverkalkung genannt, hat ein Problem: Ihr wird nicht die nötige Aufmerksamkeit zuteil. „Die Arterienverkalkung ist eine Erkrankung aller Gefäße des Körpers. Je nachdem, wo sie sich zuerst äußert, zeigen sich die ersten Symptome: bei Schmerzen in den Beinen nennt man diese Erkrankung periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Über kurz oder lang werden auch andere Blutgefäße befallen, etwa die Halsschlagadern oder die Herzkranzgefäße“, sagt Dr. Annette Häßler, Fachärztin für Chirurgie und Gefäßchirurgie am EK in Ravensburg. Dann kann es aufgrund einer Minderdurchblutung zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen. Bei rechtzeitigem Erkennen und Behandeln der Symptome jeder Spielart der Arterienverkalkung kann die Krankheit aufgehalten und die Folgen minimiert werden.

"Besonders gefährdet sind Menschen, die rauchen. Aber auch Diabetes, Bluthochdruck, zu hohe Blutfette und Bewegungsmangel können Ursachen der Arterienverkalkung sein", so Dr. Annette Häßler. Die meisten Patienten sind über 70 Jahre, doch auch bei Jüngeren können diese Symptome auftreten. Die Schaufensterkrankheit verläuft in vier Stadien. Im Stadium I zeigt sich die Arterienverkalkung nur als Nebenbefund bei Röntgen- oder Ultraschall-untersuchungen, da es erst bei einer Einengung der Arterien um mehr als 50 Prozent zu Durchblutungsstörungen kommt.

Wer an jedem Schaufenster stehen bleibt und interessiert hineinschaut, den muss nicht unbedingt interessieren, was er in der Auslage sieht, Vielleicht hat er auch die Schaufensterkrankheit und befindet sich bereits im Stadium II. Verkalkte Arterien in den Beinen führen weniger Blut, das mit frischem Sauerstoff und Nährstoffen angereichert ist. Die Kraft reicht nur noch für eine kurze Gehstrecke, etwa so weit wie zwischen zwei Schaufenstern. Der Schmerz in den nach frischem Blut lechzenden Muskel zwingt zur Pause. "Der Betroffene sollte seinen Hausarzt konsultieren. Dieser kann dann durch die Verordnung von konsequentem Gehtraining und Nikotinkarenz, durch die Einstellung der Risikofaktoren und die Verschreibung eines Blutgerinnungshemmers die Krankheit zum Stillstand bringen", rät die Oberärztin des Gefäßzentrums am EK.

Werden die Symptome nicht beachtet, klagt der Patient schließlich auch in Ruhe über Schmerzen. Er kann die Beine nicht mehr im Bett liegen lassen, wacht wegen Schmerzen auf und muss die Beine aus dem Bett hängen, um Blut zu den Muskeln "tröpfeln" zu lassen. Man spricht dann von einem Stadium III, das verbunden ist mit Untergang von Muskelgewebe. In diesem Fall schaltet der Hausarzt die Spezialisten - interventionelle Radiologen und Gefäßchirurgen - ein. Sie können dem Patienten mit einem operativen oder interventionellen Eingriff helfen. Je nach Ort und Länge des Gefäßverschlusses können die passenden Maßnahmen eingesetzt werden: Eine Aufdehnung des betroffenen Gefäßes mit einem Ballon, das Einbringen einer Gefäßstütze (Stent), die operative Ausschälung einer verkalkten Arterie oder die Anlage eines Gefäßersatzes (Bypass).

Das vierte Stadium der PAVK ist erreicht, wenn Wunden an den Beinen über Wochen nicht heilen: Dann ist der berüchtigte "offene Fuß" entstanden. Es besteht eine echte Notfallsituation mit der Gefahr des Beinverlustes. Hier ist schnelles Handeln und sofortige ärztliche Hilfe erforderlich. Die Schaufensterkrankheit reduziert die Lebenserwartung im Schnitt um zehn Jahre. Dreimal mehr Männer als Frauen sind betroffen, doch die Frauen holen auf und die Krankheit ist auf dem Vormarsch! Dr. Annette Häßler: "Wir bitten die Patienten, sich bei Beschwerden sofort vorzustellen und nicht erst auf eine Besserung zu warten - um frühzeitig alle Möglichkeiten der Behandlung zur Verfügung zu haben!"