Die Oberschwabenklinik begrüßt die Kardiologie der Zukunft

Das Herz ist ein Kraftwerk der Superlative: Etwa drei Milliarden Mal schlägt es in einem 80-jährigen Leben, jeden Tag pumpt es bis zu 10 000 Liter Blut durch unsere Gefäße. Wie lebenswichtig dieses hochsensible Organ ist, sah man auch am Andrang bei der gemeinsamen Fortbildung der Kreisärzteschaft und der Klinik für Innere Medizin II, Kardiologie und internistische Intensivmedizin am St. Elisabethen-Klinikum in Ravensburg. Gleich 170 Fach- und Hausärzte durfte der Gastgeber, Chefarzt Prof. Dr. Florian Seeger, im EK begrüßen, ein Rekord-Aufgebot, das natürlich auch mit Prof. Seegers neuem Heiligtum zu tun hat. Alle wollten die neuen, hochmodernen Herzkatheterlabore (Modell Siemens Artis Icono®) im ersten Stock einmal mit eigenen Augen sehen, die seit Januar nach 18-monatiger Umbauzeit die Ravensburger Kardiologie bereichern.

„Interventionelle Kardiologie der Zukunft“ war das Thema des Abends, sinnbildlich, denn exakt die Medizin der Moderne kann das EK kardiologisch anbieten. Größte Vorteile der neuen Katheterlabore: Sie haben OP-Raumluftqualität und sind auf dem allerneusten Stand der Strahlenschutz-Technik. Die Strahlenbelastung sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter ist im Vergleich zu anderen Anlagen deutlich reduziert, die Klinik befindet sich damit laut Prof. Seeger national und international mit an der Spitze. „Und das alles bei optimaler Bildqualität mit Großbildmonitoren, die die Bilder in sehr hoher Auflösung anzeigen und sich per Touchscreen bedienen lassen“, erläutert Chefarzt Prof. Seeger. Fazit: „Unser Behandlungsangebot entspricht dem eines Maximalversorgers sowohl bei Herzkatheteruntersuchungen, komplexen Stent-Implantationen, Device-Implantationen wie auch in der Elektrophysiologie. Sämtliche moderne Diagnose- und Therapieverfahren – etwa alle Arten von Ballonen und Stens sowie Rotablation, Schock Wave®, Impella®, FFR und IVUS - werden im EK durchgeführt.

Mit dem Bezug des zweiten Herzkatheterlabors für die Elektrophysiologie habe man nun optimale räumliche und apparative Bedingungen zur Verfügung, um alle Formen von Herzrhythmusstörungen zu diagnostizieren und zu behandeln, erklärte Prof. Seeger vor der Kreisärzteschaft. Oberarzt Dr. Sascha Stiller, Leiter der Elektrophysiologie, referierte über den aktuellen wissenschaftlichen Stand des Vorhofflimmerns. Die interventionelle Behandlung von Vorhofflimmern per Ablation ist einer der Schwerpunkte in der Elektrophysiologie. Mit dem neuen, elektroanatomischen 3D-Mappingsystem können komplexe Rhythmusstörungen noch exakter diagnostiziert und behandelt werden. Außerdem wird das Katheterlabor 2 für die Implantation von Herzschrittmachern und ICD-Systemen genutzt.

Für Notfälle und komplizierte Eingriffe steht eine Art Herz-Lungen-Maschine zur Verfügung, die Impella®, eine High-Tech-Pumpe, die mit ihrer Turbine kurzfristig die Arbeit des Herzens übernehmen kann, indem sie das Blut in der Herzkammer ansaugt und über die Hauptschlagader in den Körperkreislauf wiedereinspeist. Deren Funktionsweise war Teil des Vortrags von Oberarzt Dr. Gerhard Wech über „Interventionelle Kardiologie“. Der Leiter des Herzkatheterlabors zeigte anhand klinischer Fälle auf, wann man etwa den Rotablator benutzt, einen Bohrkopf, der die verkalkten Arterien freifräst, oder wann man den Kalk mittels Ultraschallwellen zertrümmert. Auch Dr. Wech ist begeistert von der neuen Technik. Man könne nun Röntgen- und Ultraschallbilder digital übereinanderlegen, um so unter optimaler Sicht zum Beispiel Vorhofohr-Verschlusssysteme zu implantieren. Und mit dem neuen, exzentrisch gelagerten und bodenmontierten C-Bogen seien umkreisende 360-Grad-Bildaufnahmen möglich, ohne dass der Patient bewegt werden müsse.

Vier weitere Oberärzte stellten exemplarische Fälle aus dem Klinikalltag der Inneren Medizin II vor. Dr. Felix Fuchs referierte über Vorhofflattern, eine spezielle Herzrhythmusstörung, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Ablation für immer geheilt werden kann. Dr. Sarah Schönian dozierte über Herzinfarkte, die sich auch atypisch äußern können, weshalb sie neben dem Standard-EKG im Zweifel zu einer zusätzlichen Ultraschalluntersuchung rät, die in der Regel nur in Kliniken mit 24-Stunden-Herzkatheter-Bereitschaft garantiert ist wie etwa im St. Elisabethen-Klinikum. Dr. Helge Höfeld berichtete über Patienten mit Herzinsuffizienz, einem häufigen Krankheitsbild mit einer Sterblichkeit, die nicht geringer als bei Tumorerkrankungen ist. Dr. Christoph Braun zeigte anhand eines Patienten mit einer seltenen genetischen Erkrankung, dass die Kardiologen im EK bei Spezialfällen auch über ihren Tellerrand schauen können und durchaus internistisch versiert sind.

„Ganz wichtig: Wir behandeln hier alle Menschen, egal welchen Alters, mit speziell auf sie zugeschnittenen Therapien“, erklärte Dr. Sascha Stiller am Ende. Nicht jeder Patient benötige allerdings sofort eine invasive Therapie oder Ablation, räumte er schmunzelnd ein. „Bei einem jungen Mann Anfang 20, der gerne wilde Partys feierte mit übermäßigem Alkoholgenuss und daraufhin immer wieder Vorhofflimmern bekam, habe ich empfohlen, auf Alkoholkonsum zu verzichten“, sagte er. „Das war die naheliegendste und risikoärmste Therapie.“