Der Alltag eines Dienstarztes – Flexibilität ist gefragt

Dr. Michael Stoppel ist Assistenzarzt für Neurochirurgie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Er ist heute der diensthabende Arzt. Was ihn erwartet, weiß er nicht. „Jeder Tag ist anders“, sagt er. Sein Tag beginnt um sieben Uhr mit der Visite. Danach geht es zum nächsten allmorgendlichen Ritual - der ersten Besprechung. Die ständige Kommunikation zwischen den Ärzten ist sehr wichtig und entscheidend für den Behandlungserfolg.

Das Telefon klingelt, nicht zum letzten Mal am heutigen Tag. Der Klingelton ist ständiger Begleiter. Diesmal ist die Notaufnahme dran: Eine Patientin klagt über Schmerzen und Taubheitsgefühle im rechten Arm. "Pro Dienst betreuen wir zwischen drei und zehn Patienten in der Notaufnahme", so der Neurochirurg. Frau Baur (Name geändert) klagt, sie habe schon seit längerer Zeit Schmerzen. Eine CT wurde bereits in einem anderen Krankenhaus gemacht. Dr. Stoppel erkundigt sich nach der Vorgeschichte. Frau Baur hat auf der rechten Seite nicht so viel Kraft wie links. "Muskelschwund kann ein Zeichen für ein Problem mit der Wirbelsäule sein." Auf den Bildern war eine Verengung des Spinalkanals ersichtlich. Eine OP am Spinalkanal würde ihre Schmerzen mit großer Wahrscheinlichkeit lindern. "Wir operieren keine Bildbefunde sondern immer Patienten mit Beschwerden", erklärt Dr. Stoppel. Frau Baur ist verunsichert. Mit einer OP hatte sie nicht gerechnet. "Der Patient entscheidet mit", daher bietet er der Dame an, sich das Ganze nochmal in Ruhe zu überlegen.

Schon wartet die Stationsarbeit auf den Neurochirurgen. Dr. Stoppel zieht einer Patientin die Klammern. Jetzt schnell ins Arztzimmer, um Briefe zu diktieren, damit die Patienten nach Hause können. Anschließend geht es weiter mit der Aufnahme neuer Patienten. Die Stationsarbeit muss zwischen Aufnahmen und Notfällen erledigt werden: hierzu gehört das Anordnen von Untersuchungen, bearbeiten von Reha-Anträgen, OP-Aufklärungen, die Bearbeitung von Akten, Medikamentenverordnungen, Organisation eines freien Bettes und die Betreuung der Patienten auf den Intensivstation.

Das Telefon klingelt erneut: Der Polytrauma-Alarm geht los. In einer halben Stunde wird ein schwer verletzter Patient im Krankenhaus erwartet. Ein Team von Ärzten aus verschiedenen Fachrichtungen steht beim Eintreffen des Patienten bereit. Der Patient hatte Glück im Unglück. Er hat keine schwere Kopfverletzung und muss vorerst nicht von den Neurochirurgen behandelt werden. Dr. Stoppel eilt zum nächsten Fall: Ein Mann mit einer Blutung im Kopf wird von den Sanitätern in die Notaufnahme gebracht. Die Blutung verlangt nach einer dringlichen Operation. Nach Absprache mit dem Oberarzt wird er selbst den Patienten noch heute operieren. Ein Eingriff von 30 Minuten - für den Chirurgen Routine. "Dennoch darf man nie den Respekt davor verlieren". Das EK ist das einzige Krankenhaus in der Region, das eine solche Blutung behandeln kann. Hier gehören solche Fälle zum Alltag. Im Einzugsgebiet leben mehr als 300.000 Menschen.

Nach der OP geht es zur zweiten Besprechung des Tages, in der Röntgen-, CT- und MRT-Bilder zusammen mit den Kollegen begutachtet werden. Meinungen werden ausgetauscht und die weitere Behandlung der Patienten besprochen.

Nach der Besprechung erfolgt die zweite Visite des Tages. Nun ist der Dienstarzt alleine für die Wach- und Intensivstation, die Normalstation und die Notaufnahme verantwortlich. Es warten noch ein Patient mit Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule und eine Patientin mit tumorbedingter Querschnittlähmung.

"Es war recht ruhig an diesem Tag", sagt Dr. Stoppel. Nachdem alles bearbeitet ist, ist es Zeit sich der Schreibarbeit zu widmen. Um 19.30 Uhr erfolgt dann die Ablösung durch den Nachtdienst. Ruhe kehrt im Krankenhaus dennoch nicht ein, wieder klingelt das Telefon. Eine Klinik will einen Notfall vorstellen...