Mit was beschäftigt sich eigentlich ein Endokrinologe?

Die Endokrinologie ist die Lehre der inneren Drüsen bzw. von den Hormonen. Hormone sind Botenstoffe, die von Hormondrüsen nach innen (endokrin bedeutet nicht nach außen bzw. in Gangsysteme - exokrin, wie z.B. Talg, Schweiß oder Verdauungsenzyme) sondern direkt ins Blut abgegeben werden. Hormone regeln den größten Teil der Stoffwechselvorgänge im Körper. Das heißt, Störungen des Stoffwechsels, von Herz und Kreislauf und vom allgemeinen Befinden können mit Änderungen des hormonellen Gleichgewichtes zu tun haben und von Endokrinologen behandelt werden.

Die wichtigsten hormonproduzierenden Organe sind:

Hirnanhangsdrüse

Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)

Die Hirnanhangsdrüse liegt zentral an der Hirnbasis nahe der Sehnervenkreuzung. Die Hypophyse ist ein zentrales Steuerorgan des Hormonstoffwechsels. Produziert werden:

  • ACTH (Nebennierenrindenstimulierendes Hormon), verantwortlich für die Funktion der Nebennierenrinde - Cortisolproduktion = lebenswichtig
  • TSH (Schilddrüsenstimulierendes Hormon), reguliert die Funktion der Schilddrüse
  • Gonadotropine LH und FSH (Hormone mit Wirkung auf die Geschlechtsorgane), regulieren die Sexualhormone bei beiden Geschlechtern, bei der Frau steuern sie den Menstruationszyklus
  • Wachstumshormon HGH oder STH (somatotropes Hormon), reguliert nicht nur das Wachstum
  • Prolaktin (PRL), reguliert bei der Frau den Milchfluss während Schwangerschaft und Stillzeit, beim Mann ist keine Funktion bekannt

Zusätzlich wird ADH (antidiuretisches Hormon) aus dem Hinterlappen der Hypophyse ausgeschüttet. ADH regelt den Volumenhaushalt. Bei ADH-Mangel entsteht ein Diabetes insipidus - der Körper verliert Flüssigkeit, da der Harn nicht mehr konzentriert werden kann. Bei inadäquat erhöhter Ausschüttung von ADH (SIADH) entsteht umgekehrt eine Flüssigkeitsüberladung des Körpers mit erniedrigten Natriumspiegeln.

Erkrankungen, die die Hypophyse betreffen, können zu einem Mangel oder Ausfall eines oder mehrer dieser Hormone führen oder durch Überproduktion eines Hormones ganz unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Zusätzlich kann durch Tumoren in diesem Bereich das Gesichtsfeld eingeschränkt werden bis hin zur Erblindung.

Schilddrüse

Schilddrüse

Die Schilddrüse (SD/Thyreoidea) ist im vorderen Halsbereich lokalisiert und bei normaler Größe nicht zu sehen und kaum zu tasten. Eine vergrößerte Schilddrüse (Struma) wird oft als Kropf bezeichnet und ursächlich spielt ein Jodmangel häufig eine wichtige Rolle. Die Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) haben viele verschiedene - letztlich lebenswichtige Wirkungen im Körper, die in fast jedem Gewebe über spezifische Empfängerstrukturen (Rezeptoren) vermittelt werden.

Schilddrüsenerkrankungen sind sehr häufig und können ganz unterschiedliche Symptome hervorrufen. Man unterscheidet Störungen der SD-Funktion, Vergrößerungen und Verkleinerungen der SD, Entzündungen unterschiedlicher Ursache, Autoimmunerkrankungen, und gutartige, aber auch bösartige Knotenbildungen. Neben Erfahrung und gutem Zuhören (wie immer in der Medizin) sind Laboruntersuchungen oft wegweisend fast immer in Kombination mit der wichtigsten bildgebenden Methode - der Ultraschalluntersuchung (SD-Sonographie).

Hypothyreose = Unterfunktion der Schilddrüse
Verursacht durch eine mangelnde Freisetzung von SD-Hormonen aus der SD, entweder durch eine die SD selbst betreffende Erkrankung oder eine zu geringe Stimulation der SD durch deren übergeordnete Steuerzentrale - die Hypophyse - via TSH - SD-stimulierendes Hormon. Häufigste Ursachen sind frühere SD-Operationen oder eine Autoimmunerkrankung wie die Hashimoto-Thyreoiditis. Eine Unterfunktion der SD kann lange unbemerkt bleiben aber auch Symptome verursachen, die für den Betroffenen eine erhebliche Einbuße an Lebensqualität und Leistungsfähigkeit bedeuten wie z.B. Trägheit und Interessenverlust, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche, Gewichtszunahme, Schwäche, Neigung zum Frieren, Verstopfung, Durchblutungsstörungen und Ödeme.

Hyperthyreose = Überfunktion der Schilddrüse
Hierbei werden zu viele SD-Hormone aus der SD freigesetzt. Auch hierfür kommen verschiedene Ursachen in Frage. Am häufigsten ist eine Autoimmunerkrankung (Morbus Basedow) oder eine Enthemmung von Schilddrüsengewebe ( autonomes Adenom - fokale oder disseminierte Autonomie ) und Nebenwirkungen von Medikamenten und Röntgenkontrastmitteln, durch die quasi am Bedarf vorbei zuviel Hormon produziert und freigesetzt wird.

Symptome einer SD-Überfunktion können ebenfalls lange wenig auffällig sein, aber auch zu einer deutlichen Beeinträchtigung führen z.B. durch zu schnellen Herzschlag, Herzrhythmusstörungen, Schwitzen, Unruhe und Nervosität, Schlafstörungen, Zittern, Gewichtsverlust, Neigung zu Durchfällen, Kraftlosigkeit usw.

Endokrine Orbitopathie (EO)
Durch eine Immunreaktion ausgelöste Mitbeteilung von Augen und Geweben der Augenhöhle bei Schilddrüsenerkrankungen - insbesondere beim Morbus Basedow (s.o.). Symptome sind Druckgefühl auf den Augen, Augentrockenheit und vermehrtes Tränen sowie Lichtempfindlichkeit. Bei stärkerer Ausprägung können die Augäpfel hervortreten, Doppelbilder und Störungen der Augenbeweglichkeit auftreten - selbst die Sehkraft kann gefährdet sein.

Schilddrüsenentzündungen (Thyreoiditiden)
Können sehr schmerzhaft aber auch völlig schmerzlos verlaufen. Die SD kann anschwellen oder schrumpfen und die Funktion der SD kann beeinträchtigt sein. Die Ursachen für SD-Entzündungen sind ganz unterschiedlich - bakterielle oder virale Infektionen, Verletzungen, Strahlen oder Autoimmunerkrankungen - entsprechen unterschiedlich ist die richtige Behandlung im Einzelfall.

Knoten der Schilddrüse
Knotenbildungen der SD sind meist gutartig - ab einer gewissen Größe oder bei bestimmten Auffälligkeiten der Knoten sollte dies aber durch weitere Untersuchungen abgesichert werden. Die aussagekräftigste Methode hierzu ist die Gewebsuntersuchung - durch Punktion des Knotens unter sonographischer Führung kann Material aus dem Knoten entnommen und unter dem Mikroskop beurteilt werden - SD-Feinnadelpunktion (FNP) und Zytologie.

Schilddrüsenkrebs (SD-Karzinom)
Auch in der SD kommen Krebserkrankungen vor, die meist in Form eines Knotens auffallen. Es gibt unterschiedliche Gewebetypen des SD-Karzinoms, die unterschiedliche Verhaltensweisen zeigen. Die meisten SD-Karzinome sind differenziert und haben keine schlechte Prognose. D.h. wenn sie früh genug entdeckt und durch Operation entfernt werden, sowie die korrekte, stadiengerechte Behandlung z.B. durch eine Radiojodtherapie und eine gute Nachsorge erfolgt stehen die Chancen nicht schlecht von dieser Krebserkrankungen vollständig geheilt zu werden.

Schilddrüsenoperationen:
Das Krankenhaus Wangen versteht sich als überregionales Zentrum der Strumachirurgie - durch die seit vielen Jahren hohe Zahl der Eingriffe besteht große Erfahrung sowohl bei den Operateuren als auch beim Personal und allen in der Versorgung der Patienten mitbeteiligten Personen. Hierdurch können Standards etabliert und aufrechterhalten sowie Komplikationen niedrig gehalten werden. Die tägliche Kooperation von SD-Chirurgie und Endokrinologie ist für den Standort Wangen ein großer Vorteil, der unseren Patienten zugute kommt.

Nebenschilddrüsen

Nebenschilddrüsen (Parathyreoidae)

Die Nebenschilddrüsen sind nur wenige Millimeter groß (die meisten Menschen haben vier Nebenschilddrüsen) und liegen meist am Hinterrand der Schilddrüse. Mit der Schilddrüse haben sie aber eigentlich gar nichts zu tun. Sie regulieren mit ihrem Hormon Parathormon den Kalziumstoffwechsel. Sie sorgen dafür, dass der Körper stets und ganz konstant normale Calciumspiegel im Blut hat und in den Knochen einbauen kann.

  • Hyperparathyreoidismus = erhöhte Parathormonspiegel
  • Hypoparathyreoidismus = zu niedrige Parathormonspiegel, Unterfunktion der Nebenschilddrüsen
  • Hyperkalzämie = erhöhte Kalziumspiegel im Blut
  • Hypokalzämie = erniedrigte Kalziumspiegel im Blut

Störungen der Nebenschildrüsenfunktion können u. a. zu Störungen des Knochenstoffwechsels, Nierensteinen und Muskelkrämpfen führen aber auch die Folge von Nieren- oder Darmerkrankungen sein. Wenn die Kalziumspiegel im Blut nicht normal sind, muss meist die Funktion der Nebenschilddrüsen mituntersucht werden.

Vergrößerte Nebenschilddrüsen, die zuviel Parathormon produzieren (primärer Hyperparathyreoidismus) und damit erhöhte Kalziumwerte im Blut verursachen, müssen gesucht (Sonographie), gefunden und in aller Regel operativ entfernt werden. Dies sollte in einer diesbezüglich erfahrenen Chirurgie erfolgen, in der wie hier im Krankenhaus Wangen auch während des Eingriffes direkt das Parathormon gemessen wird.

Nebennieren

Nebennieren (Glandulae adrenales bzw. suprarenales)

Eine Nebenniere wiegt beim Menschen etwa 5 bis 15 Gramm und ist ca. 3 x 1,5 cm groß. Die Nebennieren befinden sich beim Menschen beidseitig auf den oberen Polen der Nieren - daher der Name "Nebennieren", obwohl sie mit den Nieren nichts zu tun haben. Die Nebennieren bestehen aus Mark und einer Rinde. In der das Mark umgebenden Nebennierenrinde (NNR/Cortex) werden lebenswichtige Hormone gebildet:

  • Cortisol (Glukokortikode) unter Regulation durch die Hypophyse
  • Aldosteron (Mineralokorticoide) regelt die Konzentration von Natrium, Kalium und den Blutdruck
  • Androgene bzw. Hormonvorstufen wie DHEA

Im Nebennierenmark werden v.a. Adrenalin und Noradrenalin gebildet - sogenannte Stresshormone bzw. stark blutdrucksteigernde und die Gefäße zusammenziehende Hormone.

Erkrankungen der Nebennieren (oder der übergeordneten Hirnanhangsdrüse) können viele verschiedene Krankheitsbilder verursachen:

  • Unterfunktion der Nebennieren (NNR-Insuffizienz z.B. Morbus Addison): Hormonmangel der zu Schwäche und Leistungsverlust führt und bei hochgradigem Mangel lebensgefährlich ist.
  • Überproduktion von Aldosteron durch ein Adenom oder eine Hyperplasie führt zum Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) mit erhöhtem Blutdruck und erniedrigtem Kaliumblutspiegel.
  • Eine vermehrte Bildung von Cortisol (Hypercortisolimus bzw. Cushing-Syndrom) führt u. a. zu Bluthochdruck, Diabetes, Stammfettsucht, Hautveränderungen und Knochen- und Muskelabbau. Ursächlich kann ein Tumor der NNR sein, häufiger noch eine Erkrankung der Hypophyse - auch die längere und höher dosierte Einnahme von "Cortison"-präparaten führt zu entsprechenden Nebenwirkungen.
  • Durch einen Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) kann neben anderen Symptomen v.a. ein ausgeprägter Bluthochdruck entstehen, der teilweise anfallsartig auftritt - hypertensive Krisen.