Sommer, Sonne, Bienenstich

Mit dem Sommer ist auch die Zeit der Bienen- und Wespenstiche gekommen. Ob beim Essen im Garten oder beim Spazierengehen über Wiesen und Felder: Insektenstiche von Bienen oder Wespen treten im Hoch- und Spätsommer vermehrt auf. PD Dr. Andreas Artlich, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche der OSK in Ravensburg, beantwortet einige Fragen zu diesem Thema. Eines seiner Fachgebiete ist die Allergologie, deshalb kennt Dr. Artlich die Gefahren von allergischen Reaktionen.

Welche Gefahr geht von Bienen- oder Wespenstichen aus?

In der Regel sind Bienen- und Wespenstiche ungefährlich. Meist werden nur Lokalreaktionen wie Schwellungen und Schmerzen ausgelöst. Es kann zeitlich versetzt auch zu Rötungen kommen, wenn eine Wespe durch ihren Stich Bakterien in die Wunde übertragen hat. Diese Reaktionen stellen im Normalfall aber keine Gefahr dar und können durch Kühlung der betroffenen Stellen gelindert werden. In manchen Fällen kann der Einsatz von Antibiotika erforderlich sein.

Was versteht man unter einem anaphylaktischen Schock und welche Symptome treten auf?

Im Fall einer Allergie gegen das Gift von Bienen oder Wespen können innerhalb von wenigen Minuten nach dem Stich lebensgefährliche Beschwerden bis hin zum allergischen oder anaphylaktischen Schock auftreten. Zusätzlich zu den Lokalreaktionen entwickeln sich dann am ganzen Körper auftretende Rötungen, ein juckender Hautausschlag, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall sowie Kreislaufschwäche. In diesem Fall muss sofort der Notarzt (Notruf-Telefon 112) alarmiert werden.

Was gibt es zu beachten, bis der Notarzt eintrifft? Gibt es Maßnahmen, die man sofort ergreifen kann?

Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren. Aufregung verschlimmert die Situation. Falls vorhanden, können Cortison oder Antihistaminika verabreicht werden. In den meisten Fällen hat man dies aber nicht zur Hand. Ist einem Allergiker seine Unverträglichkeit schon bekannt, trägt er einen Adrenalin-Pen bei sich. Das Medikament wird zum Beispiel in den Oberschenkel gespritzt - damit kann der Schock bekämpft werden.

Gibt es für Allergiker Therapiemöglichkeiten, um in der Zukunft einen anaphylaktischen Schock zu vermeiden?

Nach einer allergischen Reaktion besteht die Möglichkeit, den Patienten zu desensibilisieren. Hierfür muss zunächst die Insektenart identifiziert werden, die den Schock ausgelöst hat. Wir unterscheiden dabei zwei Gruppen: die Gruppe der Wespen (einschließlich Hornissen) und die Gruppe der Bienen (einschließlich Hummeln). Nach der Identifikation kann der Allergiker nun gegenüber der Gruppe desensibilisiert werden, die für seinen anaphylaktischen Schock verantwortlich war. Die Erfolgsrate dieser Desensibilisierung liegt bei fast 100 Prozent und ist also eine geeignete Therapieform.

Wie hoch schätzen Sie die Zahl der Patienten in der Kinderklinik, die jährlich aufgrund eines allergischen Schocks behandelt werden müssen?

Insgesamt sind allergische Reaktionen nach Insektenstichen seltene, jedoch potentiell lebensgefährliche Notfälle. Im Kinderkrankenhaus würde ich die Zahl auf etwa drei bis vier Patienten pro Jahr schätzen.