Notfallpfleger in der EK-Notaufnahme

Eine „unheimlich große Abwechslung“ macht den Reiz seines Berufes aus, meint Oliver Hipp. Er ist Krankenpfleger für die Notfallpflege in der Notaufnahme des St. Elisabethen-Klinikums. Einer der Spezialisten für einen ganz besonderen Krankenhausjob. Sie kümmern sich als erste um die Patienten, schätzen deren Zustand ein, organisieren Abläufe, erleben Schicksale und Stimmungen so hautnah wie sonst kaum jemand.

Notfallpfleger in der EK-Notaufnahme in Ravensburg

Über Monitore hat das Pflegeteam an seinem Stützpunkt am Eingang der Notaufnahme die Patienten in den Behandlungszimmern im Blick. Von links Daniele Segelbacher, Renate Swora und Oliver Hipp.

Seit 19 Jahren schon arbeitet Oliver Hipp in der Notaufnahme des EK in Ravensburg. „Noch immer gibt es Situationen, wie ich sie noch nie erlebt habe“, erzählt der stellvertretende Leiter des 25-köpfigen Pflegeteams. Von 10 Uhr morgens bis 22 Uhr abends sind ständig drei Pflegekräfte sowie eine weitere für die Ersteinschätzung in der EK-Notaufnahme präsent. In den Nacht- und frühen Morgenstunden wird auf drei sowie zwischen Mitternacht und sechs Uhr auf zwei Personen reduziert.

In der Notaufnahme trifft der Patient nach der Anmeldung als erstes auf eine Pflegekraft. Sie nimmt die Ersteinschätzung nach dem Manchester-Triage-System vor. „Man muss in Sekunden Entscheidungen treffen können“, berichtet Hipps Kollegin Renate Swora. Geht es dem Patienten wirklich schlecht geht oder handelt es um eine Lappalie? In welche Fachrichtung gehört der Patient? „Man muss gewisse Dinge sehen und man muss handeln können“, betont Swora. Ja, es sei schon ein besonderer Schlag von Menschen, der sich für die Arbeit in der Notaufnahme begeistern kann.

Patienten, die sich über die Wartezeit auf den Arzt beschweren, übersehen häufig, was bis dahin durch die Pflege bereits alles geschehen ist.  Körpertemperatur, Puls oder Herzfrequenz sind gemessen. Blut ist abgenommen und ins Labor geschickt.  Leidet ein älterer Patient an Flüssigkeitsmangel, ist eine Infusion gelegt. Bei einem gestürzten Patienten ist ein Notverband angelegt, um die Blutung zu bremsen. Tritt der Arzt auf den Plan, wandelt sich die Rolle der Pflegekraft in die des Assistenten. Dokumentieren, zur Hand gehen und vor allem organisieren.

Das Pflegeteam sorgt dafür, dass in der Notaufnahme alles wie am Schnürchen klappt. Auch dann, wenn schwere oder gar lebensbedrohliche Notfälle eintreffen. Das Pflegeteam wird von der Rettungsleitstelle informiert, was für einen Fall der Notarzt in den nächsten Minuten einliefern wird. Nun geht es darum, dass beim Herzinfarkt der Kardiologe und beim Schlaganfall der Neurologe parat steht. Die Pflegekräfte lösen bei Schwerverletzten den Schockraum- oder den Polytraumaalarm aus. Eine Pflegekraft aus der Notaufnahme und eine aus der Anästhesie gehören zusätzlich zu den Ärzten zum Schockraumteam, das für den Patienten bereitsteht.

Fingerspitzengefühl ist gefragt. Zum Beispiel, wenn bei dementen Patienten ein  Angehöriger mit ins Behandlungszimmer zu holen. „Die Situation in einer Notaufnahme kann einen dementen Menschen, der aus seiner vertrauten Umgebung herausgerissen ist, schnell überfordern“, weiß Oliver Hipp. Ein Angehöriger an der Seite kann ungemein wertvoll sein. „Aber nur einer, ansonsten wäre zu viel Unruhe im Zimmer.“

Es gibt andere Fälle, da werden Angehörige, denen die Wartezeit zu lang ist, zum Problem. Oder auch vom Alkohol und Drogen enthemmte Patienten selbst. Sie pöbeln, werden manchmal sogar handgreiflich. Auch hier stehen die Pflegekräfte in der ersten Reihe. „Auf Distanz bleiben“; lautet Oliver Hipps Rezept. Und den Sicherheitsdienst oder sogar die Polizei zu alarmieren. Zwei Mal hat es Hipp schon miterlebt, dass Polizisten sogar Pfefferspray in der Notaufnahme einsetzen mussten.

Die Begeisterung für die Notaufnahme lässt sich Oliver Hipp durch solche Erlebnisse nicht verdrießen. Erfahrung macht in diesem Beruf vieles, manchmal fast alles aus. Nach der dreijährigen Krankenpflegeausbildung zwei Jahre Stationspflege, dann in die Notaufnahme. Das ist ein üblicher Werdegang. Neuerdings gibt es eine Notfallpflegeausbildung als zweijährige Fachweiterbildung. Für Pflegekräfte, die seit Jahren in der Notaufnahme arbeiten, gilt eine Übergangsregelung mit verkürzter Ausbildung. Sieben Pflegekräfte aus der EK-Notaufnahme haben sie wahrgenommen und dürfen sich als „Notfallpflegekräfte“ bezeichnen.