Gemeinsam Druck für eine bessere Krankenhausfinanzierung

Kundgebungen ziehen sich gerne länger hin. Diese war nach 20 Minuten vorbei, obwohl drei Redner auftraten. Schließlich sollte die Versorgung der Patienten auf keinen Fall darunter leider. Letztlich geht es gerade um sie, wenn Beschäftigte der Kliniken mobil machen, um sich gegen Reformpläne zu wehren, die fast zwangsläufig auf Einschnitte in der Versorgung hinauslaufen.

Dass Gewerkschaft und Betriebsrat gemeinsam mit der Geschäftsleitung zu einer Protestveranstaltung einladen, ist durchaus ungewöhnlich. Gemeinsam aber haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie in allen Krankenhäusern Deutschlands auch bei der Oberschwabenklinik ein großes Anliegen: "Krankenhausreform - so nicht!" Mit persönlichen Worten schilderte Jörg Hempel, 1. Stellvertretender Geschäftsführer der OSK, was ihn bewegt, vor den Mitarbeitern bei diesem Anlass das Mikrofon in die Hand zu nehmen: "Wird diese Krankenhausreform in dieser Form Wirklichkeit, werden die Geschäftsleitungen zu Maßnahmen gezwungen, die auch ein Management nicht möchte."

Schon heute lasse sich beziffern, was die Reform, wird sie gemäß dem aktuellen Entwurf umgesetzt, die Oberschwabenklinik kosten wird: 1,2 Millionen Euro jährlich allein durch den Wegfall des Versorgungszuschlages. Die positiven Elemente der Reform blieben dagegen vage. Es werde gar nichts anderes übrig bleiben, als die negativen Effekte durch eine Absenkung der Personalkosten abzufangen. "Wir wissen, dass Sie alle hoch engagiert arbeiten und der Willen der Politik auf Ihrem Rücken durchgesetzt wird", sagte Hempel zu den Mitarbeitern. "Das macht keine Freude und das ist nicht gerecht und dazu habe ich persönlich keine Lust!"

Hempel beklagte Finanzierungsmechanismen, die schon heute die Krankenhäuser eklatant belasten. Durch Anforderungen, bei gewissen Eingriffen Mindestzahlen zu erreichen, würden die Krankenhäuser zu wachsenden OP-Zahlen geradezu gezwungen. "Gleichzeitig werden wir durch Abschläge bestraft, wenn wir die geforderten Mehrleistungen auch tatsächlich erbringen." Geradezu perfide sei ein solches System.

"Ich weiß nicht, weshalb die Politik dieses wunderbare Gesundheitswesen derart gegen die Wand fährt", beklagte Benjamin Andelfinger von der Gewerkschaft ver.di. Schon heute sei die Lage in den Kliniken ernst. 165 000 Mitarbeiter würden fehlen. Neueste Schätzungen gingen sogar von 100 000 fehlenden Pflegekräften aus. "Mit dem neuen Gesetz wird die Lage noch verschärft", warnte Andelfinger. Wenn der Entwurf Wirklichkeit wird, werde den Geschäftsleitungen doch gar nichts anderes mehr übrig bleiben als Personal abzubauen, sieht selbst der Gewerkschaftsmann die Nöte des Managements. Das alles gelte es gemeinsam zu verhindern.

Der ver.di-Vertreter unterstrich die Forderung seiner Gewerkschaft nach gesetzlich festgelegten Mindestbesetzungen für Stationen. "Diese Stellen müssen aber auch voll refinanziert werden!" Immerhin sei in einem ersten Schritt jetzt erreicht worden, dass der Gesetzentwurf 9000 neue Pflegestellen vorsieht, nachdem zunächst gar nichts geplant war. Andelfinger: "Die Politik braucht Druck von unten." In der Schweiz kämen auf eine Pflegekraft 5,5 Patienten. In Deutschland seien es schon heute im Schnitt 10,3.

Bundesweit 9000 neue Pflegestellen würden heruntergebrochen auf die OSK aber nur zwei bis drei Stellen für die Kliniken im Landkreis Ravensburg bedeuten, rechnete Ernst Schwartz, der Vorsitzende des OSK-Gesamtbetriebsrates, vor. Das Zehnfache aber sei nötig: 70 000 bis 80 000 neue Stellen bundesweit und 20 bis 30 in der OSK.

Wird ein Industrieunternehmen mit Aufträgen überschwemmt, geht es ihm gut, sagte Schwartz. Für ein Krankenhaus gelte genau das Umgekehrte: Ihm kann es ihm umso schlechter gehen je mehr Patienten es versorgt. "Wir werden nicht angemessen vergütet", pflichtete der Betriebsvorsitzende seinem Vorredner Jörg Hempel bei.

Auch Ernst Schwarz sieht die Gefahr, dass einem Krankenhausunternehmen gar nichts anderes mehr übrig bleiben könnte als seine Versorgungsleistungen zurückzufahren. Für die Patienten hätte das fatale Folgen. Müsse beispielsweise die Versorgung in der Kinderklinik eingeschränkt werden, würde das für die Familien heißen, dass sie mit ihren kranken Kleinen bis nach Ulm oder Tübingen fahren müssen. "Es geht um Punkte, bei denen es sich lohnt, dass wir bekämpfen", appellierte Schwartz an die OSK-Belegschaft.

Die Beschäftigten können sich dabei auf breite Unterstützung auch aus der Politik verlassen. Dr. Margret Brehm, Mitglied des OSK-Aufsichtsrates und selbst Ärztin, war zu der Kundgebung gekommen. Landrat Harald Sievers hatte bereits im Vorfeld in Briefen nach Berlin und nach Stuttgart am Beispiel der Oberschwabenklinik auf die finanziellen Nöte der Krankenhäuser hingewiesen. Besucher und Patienten blieben während der Veranstaltung im EK stehen und setzten ihre Unterschriften unter eine Petition.

Mit einer "aktiven Mittgaspause" unter Begleitung der örtlichen Presse setzte auch die Belegschaft des Krankenhauses Bad Waldsee ein Signal. Die Mitarbeiter der OSK hätten in den letzten Jahren die Strukturveränderungen stets mitgetragen und im Zuge der Sanierung ihres Unternehmens auch aktiv Gehaltsverzicht geübt. "Ein Problem besteht aber weiterhin : die Kliniken in Deutschland sind seit Jahren unterfinanziert."

Info

Ein breites Bündnis will dringend notwendige Verbesserungen in der Krankenhausreform der Bundesregierung durch das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) erreichen. Dem Bündnis für Krankenhäuser in Baden-Württemberg haben sich angeschlossen:

- Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft

- ver.de Landesbezirk Baden-Württemberg

- Betriebliche Interessenvertretungen der Krankenhäuser Baden-Württembergs (BIV)

- Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe Südwest (DBfK

- Gemeindetag

- Landkreistag

- Marburger Bund (Ärztegewerkschaft)

- Städtetag

- Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands VKD)