Auf große Trauer folgt Dankbarkeit und Glück

Was Jennifer Grau im Moment ihrer größten Trauer empfunden hat, kann nur eine Mutter nachfühlen, die schon einmal ein Kind verloren hat. Allerdings konnte sie sich nicht lange in der Trauer aufhalten, denn es gab noch ein zweites Kind. Den Zwilling des Jungen, den sie verloren hat. Die Geschichte einer Schwangerschaft mit Höhen und Tiefen, wie sie gewiss nicht alltäglich ist. Am 21.05.2019, über zwei Monate nach dem Ereignis, kommt dann der kleine Tim, 41 Zentimeter groß und 1625 Gramm schwer, putzmunter auf die Welt.

Jennifer und Mario Grau aus Meckenbeuren erwarten voller Vorfreude Zwillinge. In der 19. Woche jedoch, verschlechtern sich die Schwangerschaftswerte. Die Fruchtblase eines der Jungen hat sich entzündet. Jennifer Grau wird von ihrer Frauenärztin ins St. Elisabethen-Klinikum nach Ravensburg überwiesen. Der Körper der Mutter kämpft gegen die Entzündung an. Schließlich wird der erste Zwilling auf natürliche Weise, jedoch ohne Wehen, am 06.03.2019, in der 20. Schwangerschaftswoche, geboren. Und überlebt leider nicht.

Nach der Geburt des einen Zwillings schließt sich der Muttermund wieder und der Geburtsvorgang des zweiten Kindes kann gestoppt werden. Es folgen bange Momente, in denen untersucht wird, ob der noch lebende Zwilling eine eigene Plazenta hat und seine Fruchtblase sich nicht ebenfalls entzündet hat. Wird Jennifer Grau auch ihr zweites Kind verlieren?

Doch dann Entwarnung. Alles sieht gut aus. Es ist eine Achterbahn der  Gefühle für beide Elternteile innerhalb der wenigen Minuten, die sich endlos anfühlen.

Die Mutter wird danach zur Überwachung ans Universitätsklinikum nach Ulm verlegt. Sie verabschiedet sich bei Dr. Martina Gropp-Meier, der Chefärztin der Frauenklinik im St. Elisabethen-Klinikum mit den Worten: „Zur Geburt des zweiten Jungen komme ich wieder“. Sie hat Wort gehalten.

Nach 14 Tagen kann sie die Uniklinik in Ulm wieder verlassen. Sie sucht nun alle zwei Tage das EK auf, zur Kontrolle der Werte. Zwei Monate lang fiebert das Ärzteteam, die Pflegekräfte und Hebammen mit den Eltern, hangeln sich von einem Zwischenziel zum Nächsten. Nach einer weiteren Routineuntersuchung bei der Frauenärztin wird Jennifer Grau wieder im EK aufgenommen. Die Geburt kündigt sich an. Schon wenige Tage später kommt  der kleine Tim im EK gesund und munter in der 31. Schwangerschaftswoche zur Welt. Er ist 41 Zentimeter groß und  wiegt 1625 Gramm.Er muss für einige Tage auf die Kinderintensivstation in ein Wärmebettchen, entwickelt sich jedoch gut und kann nach kurzer Zeit auf die Säuglingsstation verlegt werden.

Gut zwei Monate hat es vom Verlust des einen bis zur Geburt des anderen Kindes gedauert. Jennifer Grau hat sich in dieser alles andere als einfachen Zeit gut aufgehoben gefühlt. Es war im EK immer ein Ansprechpartner für sie da. Die Chefärztin, das Ärzteteam, die Hebammen, die Pflegekräfte und eine Psychologin haben sie begleitet. „Ich habe mich hier im EK fast schon heimisch gefühlt“, sagt sie kurz vor der Entlassung. Am meisten geschätzt hat sie die gute und sensible Unterstützung, die ihr geholfen hat, die Ereignisse zu verarbeiten.

Der kleine Tim hat sich prächtig entwickelt und ist nun seit Juni mit seiner Mama zuhause. Die Trauer über seinen verlorenen Zwillingsbruder ist groß, aber das Glück über den gesunden kleinen Tim überwiegt.